"Materialistische" Theologie (14.03.08)

Ein Widerspruch in sich?

Auch wenn ein Mensch isst und trinkt und Gutes sieht bei all seiner Plage ist das ein Geschenk Gottes. (Prediger 3,13)
Der Krebs hat es keineswegs geschafft, dass ich meinen Blick nur auf jenseitige und geistige Dinge richte. Im Gegenteil, ein gutes Essen oder ein schönes Erlebnis ist mir wichtiger als früher. Schließlich schmeckt mir nicht mehr alles — möchte bloß mal gerne wissen, warum ich zur Zeit keine Nudeln riechen kann — und Höhepunkte sind kostbarer geworden.
Während viele Christen in der Zeit vor Ostern das Fasten als Weg, sich Gott zu nähern, pflegen, halte ich immer noch wenig davon. Nicht nur, weil ich evangelisch und untergewichtig bin. Aber mit wachen Sinnen die materiellen, sinnlich erfahrbaren Dinge zu genießen, kann ebenfalls die Augen für Gott öffnen. Freude am Leben und Freude an Gott sind kein Widerspruch, auch die Bibel behauptet dies nirgends. Die Idee, dass alles, was irgendwie Spaß macht, Sünde sein muss, kam erst später auf.
Gott sprach: Lasst uns den Menschen machen zu unserem Bild, uns ähnlich. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres, die Vögel des Himmels, die Tiere, die ganze Erde und alles Kriechgetier, das auf ihr kriecht. (1. Mose 1,26)
Viele kleine Dinge sind es, die mir vor Augen führen, dass unsere Welt "wie geschaffen" für den Menschen ist. Wer sich in der Bibel umsieht, findet es auch bestätigt, dass Gott bei der Erschaffung der Welt zuerst an den Menschen gedacht hat. Und bei der Erschaffung des Menschen zuerst an die Welt! Näheres dazu: 1.Mose 1+2.
Web-Tipp: Bibelstellen nachschlagen oder suchen sowie verschiedene Sprachen und Übersetzungen vergleichen kann man auf http://www.bibelserver.de.

Wasser

Wasser ist eine sehr einfache Substanz, chemisch gesehen. Aber sehr universell einsetzbar und für viele Bereiche unverzichtbar. Ohne Wasser gäbe es kein Leben, kein Regen, kein Schnee und keinen Tee. Keine Wolken zum Träumen. Kein Meer zum Baden und auch keine Schiffe. Das Wasser, das man nicht sieht, weil es als Wasserdampf unterwegs ist, ist fast das wichtigste: die Luftfeuchtigkeit, ohne die Atmen unerträglich wäre und die Haut austrocknen würde.
Wasser ist aus vielen anderen Substanzen nicht wegzudenken. Es kann reinigen, Nährstoffe lösen, Nahrung garen oder erst verdaulich machen. Es transportiert Wärme in Heizungen und treibt als Dampf Turbinen an. Es sprudelt in Brunnen und rauscht unbeachtet die Klospülung hinunter. Während die Erde zu gut 70% mit Wasser bedeckt ist, gibt es auf keinem anderen Planeten so viel davon in flüssiger Form (darum kommen die Marsmännchen auch so gerne zu uns).
Du sendest Quellen in die Bachtäler, zwischen den Bergen fließen sie dahin. (Psalm 104,10)
Unser Körper besteht ja auch zu etwa 80% aus Wasser. Stell Dir vor, jemand würde Dir schnell mal alles Wasser entziehen, da bliebe nicht viel übrig. Mithilfe des Wasser können wir Nahrung aufnehmen und Schlacken abgeben. Unsere Körpertemperatur regulieren. Und was wäre ein herzhafter Kuss mit einem staubtrockenem Mund?
Genial ist auch die Rolle des Wassers beim Sauerstoffkreislauf der Erde. Pflanzen spalten Wasser und setzen Sauerstoff frei, um das von Tieren ausgeatmete Kohlendioxyd zu binden. Beim Verdauen von pflanzlicher Nahrung wiederum werden Kohlenhydrate mithilfe des Sauerstoffes zu Kohlendioxyd und Wasser zerlegt.
Unser Ententeich ist zugefroren.Wasser hat einen Schmelz- und Siedepunkt, der für die Erde gerade richtig ist. Wir können es relativ leicht einfrieren und schnell zum kochen bringen. Stellt Euch vor, wir müssten unsere Nudelsuppe erst auf 500° erhitzen! Aber Wasser ist die einzige chemische Verbindung, die auf der Erde von Natur aus in festem, flüssigem und gasförmigem Zustand vorkommt.
Und schließlich bricht Wasser mit einem Naturgesetz, das für alle anderen Substanzen gilt. Diese ziehen sich nämlich immer mehr zusammen, je kälter sie werden. Wasser hingegen hat seine größte Ausdehnung bei 3,7°. Dadurch sammelt sich das kälteste Wasser im Ententeich nicht unten, sondern oben. Gewässer frieren von oben her zu — und unter dem Eis können sich die Fische weiter tummeln, die sonst erfrieren müssten. Einfach genial, oder?
Wasser hat noch mehr staunenswerte Eigenschaften, siehe bei Wikipedia.

Milch

Alles, was ein neugeborenes Rind oder Menschenkind braucht, findet es in der Milch seiner Mutter. Dieser Stoff ist immer ausreichend verfügbar und richtig temperiert. Man muss auch keine Fläschchen und Sauger sterilisieren. Außerdem ist das Stillen für Mutter und Kind immer ein Moment größter Innigkeit.
Bei unseren Kühen wiederum ist die Milchproduktion so groß, dass auch für den Menschen etwas übrig bleibt. Auch wenn die sentimentalen Gefühle des Kälbchens bei der Weiterverarbeitung auf der Strecke bleiben, hat Milch viele wertvolle Bestandteile. Und wie vielfältig lässt sie sich verwandeln: zu Buttermilch und Joghurt (wahlweise mit oder ohne Früchte drin), Quark und Käse (von Weich- bis Hartkäse, mit Schimmel oder Gestank). Es gibt wenige Gerichte, die ohne Milch auskommen, und auch aus der Schokolade ist sie nicht wegzudenken.
Gott sei Dank — wem sonst?
Was täten wir nur ohne Milch? Gut, dass Kühe uns Menschen so ähnlich sind, dass wir ihre Milch problemlos zu uns nehmen können (wenn nicht gerade eine Laktose-Unverträglichkeit besteht, aber auch dafür gibt es Wege). Evolutionsbiologen sehen in dieser Ähnlichkeit einen Beleg dafür, dass eben alle Säugetiere miteinander verwandt sind und gemeinsame Vorfahren haben. Mag sein. Aber es sieht doch so aus, als hätte sich jemand das vorher überlegt, für was und für wen Kühe einmal gut sein sollen.

Schwein

Unsere Verwandtschaft zu anderen Tieren ist auch beim Schwein wichtig (worin die besteht, das könnt Ihr Euch jetzt selber überlegen :-). Jedenfalls gibt es bei mir zu jeder Mahlzeit Schwein. Meistens geschmacklos, nämlich in Form kleiner Kapseln. Durch meine Krebserkrankung arbeitet nämlich die Bauchspeicheldrüse nicht mehr in dem früheren Umfang. Sie überlässt dem Darm weniger Verdauungsenzyme, wodurch die Nahrung nicht mehr so gut verdaut werden kann.
Aber diese fehlenden Enzyme kann man aus den Bauchspeicheldrüsen von Schweinen isoliern, in Kapseln füllen und verabreichen. Wie gut, dass das Schwein als Allesfresser einen ähnlich gebauten Verdauungsapparat hat wie wir. Mit Pansen- oder Labmagen-Extrakt vom Rind käme ich nämlich nicht so weit.

Honig

Iss, mein Sohn, Honig, denn er ist gut, und Honigseim ist süß für deinen Gaumen. Genauso lerne Weisheit für deine Seele (Sprüche 24,13f).
Würden wir das glauben, wenn uns jemand erzählte: es gibt Tiere, die zu Millionen auf engstem Raum zusammenleben. Sie arbeiten alle an einer gemeinsamen Sache , jedes fügt sich in das Kollektiv ein und verrichtet klaglos seine Aufgabe. Jedes einzelne dieser Tiere sammelt winzige Mengen Nektar und Pollen aus Blüten und bringt das in einen großen gemeinsamen Vorrat, von dem alle leben. Im Winter halten sie sich gegenseitig warm. Manche haben spezielle Aufgaben übernommen und kümmern sich um den Nachwuchs oder um die Bewachung des Baues. Und ihre Vorräte sind so zahlreich, dass sich die Menschen auch etwas davon nehmen können.
Das würden wir nicht glauben, wenn wir uns nicht schon längst an die Existenz von Biehnen gewöhnt hätten. Toll, dass es sie gibt. Lecker schmeckt der Honig. Er ist nicht nur nahrhaft, sondern sogar gesund. Ganz abgesehen davon, dass die Bienchen ihn auch noch in den verschiedenen Geschmacksrichtungen sammeln können. Gäbe es keine Bienen, müsste man sie glatt erfinden — aber das würde kein Gentechnick-Labor zustande bringen.

Fisch

Wie dem regelmäßigen Leser dieser Seiten bekannt sein dürfte, esse ich zur Zeit gerne Lachs. Der soll ja auch sehr gesund sein.
Aber wie kommt der Mensch als ausgesprochenes Land-Lebewesen dazu, sich seine Nahrung aus dem Meer zu holen? Genauer gesagt, auch aus dem Meer. Denn wir sind die einzigen Lebewesen, die aus jedem Lebensraum sich ihre Nahrung besorgen. Wir essen Fische, Muscheln und Algen, züchten Rinder und jagen Hirsche, halten Hühner und fangen Vögel. Wir werden mit Walen fertig und zähmen Elefanten.
Anmerkung zur ökologischen Correctness: Ich persönlich bin natürlich gegen das "Vogelmorden"; aber dazu muss man bedenken, dass der Vogelfang auch zur Kultur gehört und in früheren Zeiten eine Fleischquelle für arme Leute war. Ähnliches gilt vom Walfang.

Cappucino

Letztes Jahr hatte ich ja gedacht, ich würde nie wieder  irgendetwas Kaffeeähnliches zu mir nehmen. Aber es kam anders; inzwischen genieße ich morgens meinen frisch gebrauten Cappucino mit viel aufgeschäumter Milch.
Kaffee als Hinweis auf Gottes Schöpfung? — Hier würden Gesundheits-Freaks einwenden, Kaffee sei generell ungesund und daher auch nicht zum Trinken vorgesehen. Superfromme könnten einwenden, schließlich stehe von Kaffee nichts in der Bibel (also: verboten). In der Tat sind rohe Kaffebohnen ziemlich unbekömmlich.
Nun hat es der Mensch aber irgendwie gelernt, den unbekömmlichen Kaffee zu veredeln: rösten, mahlen, aufbrühen. In der Espressokanne soll der Kaffee noch bekömmlicher sein. Inzwischen liest man ab und zu, dass Kaffee sogar ein klein wenig gesund sein soll (in Maßen genossen natürlich). Mit aufgeschäumter Milch schmeckt er dann einfach lecker.
Ich habe mir einen Bio-Transfair—Kaffee geleistet, in ganzen Bohnen. Ungefähr doppelt so teuer wie normaler Kaffee ähnlicher Qualität, und viermal so teuer wie einfacher Billigkaffee. Aber er schmeckt hervorragend, ist gut für die Umwelt und für die Mitmenschen in den Erzeugerländern.

Verschiedene Gewichtssteine, verschiedene Maße — beides ist dem Herrn ein Greuel (Spr 20,10 über die Fairness in Handelsbeziehungen).
Der Kaffee scheint nicht unmittelbar für den Menschen geschaffen zu sein. Aber der Mensch ist so geschaffen, dass er aus den zähen Kaffeschoten etwas machen kann, was am Ende sogar gut schmeckt. Diese Fähigkeit des Lebewesens Mensch, seine Grenzen ständig zu überschreiten, bringt auch sehr viele Probleme mit sich, wie wir alle wissen: Zerstörung der Natur, Ausbeutung, Unterdrückung, Kriege.
Gott hat uns aber auch den Verstand gegeben, ökologische und soziale Zusammenhänge zu verstehen, miteinander zu reden, das Gute für alle Beteiligten zu suchen und Konflikte friedlich zu lösen. So gesehen ist es kein Luxus, fair gehandelten und ökologisch angebauten Kaffee zu genießen.

Ein Widerspruch in sich

Wie zahlreich sind deine Werke, Herr so viel. Du hast sie alle in deiner Weisheit gemacht. Die Erde ist voll von deinem Besitz (Psalm 104,24).
Sonnenaufgang über dem Erzgebirge, von unserer Wohnung aus gesehen. Zugegeben: manchmal erscheint mir der Gedanke, dass es Gott gibt, ziemlich unwahrscheinlich. Und etwas absurd, dass Gott so großartig sein soll, wie ihn die Bibel beschreibt. Aber wenn ich aus dem Fenster gucke und mit wachen Augen durch den Tag gehe, dann erscheint mir die Idee, das alles habe aus purem Zufall zu existieren begonnen und sei so geworden, wie es ist, als Widerspruch in sich.

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